Kinderorthopädische Krankheitsbilder

Einen besonderen Stellenwert hat für mich die Früherkennung und Behandlung der Hüftdysplasie bei Neugeborenen und Säuglingen. Durch eine Hüft-Ultraschalluntersuchung, die möglichst innerhalb der 4. – 6. Lebenswoche eines Kindes stattfinden sollte (bei Risikofaktoren z.B. familiärer Vorbelastung oder Beckenendlage-Schwangerschaften eher), kann die Fehlentwicklung schnell erkannt und der notwendigen Therapie zugeführt werden.

Bei einer Hüftdysplasie ist die Hüftpfanne des Kindes nicht ausreichend entwickelt und bietet dem Hüftkopf keinen sicheren Halt. Im Extremfall kann der Hüftkopf aus der Pfanne herausgleiten (Hüftgelenkluxation). Unbehandelt kann hieraus eine erhebliche Schädigung des Hüftgelenkes mit vorzeitigem Gelenkverschleiß resultieren. Wird die Fehlbildung dagegen frühzeitig erkannt und therapiert ist fast immer eine Ausheilung der Hüftdysplasie/-luxation binnen der ersten Lebensmonate möglich und anderenfalls notwendige Operationen können vermieden werden. Die Therapie besteht zu meist aus einer Schienenbehandlung (Spreizhose, Beugeschiene), oft begleitet von einer Physiotherapie. Die Kontrolle der weiteren Entwicklung einer behandelten Hüfte ist bis zum Wachstumsabschluß in Intervallen notwendig, um erneute Fehlentwicklungen nicht zu übersehen.

Ein weiterer Schwerpunkt meiner langjährigen kinderorthopädischen Tätigkeit ist die Behandlung von Fußfehlstellungen.
Der Klumpfuß ist eine häufig auftretende komplexe Fehlstellung ein oder beider Füße. Er fällt meist direkt nach der Geburt durch die auffällig einwärtsgedrehte Fußstellung auf. Manchmal besteht der Verdacht aufgrund von Ultraschalluntersuchungen sogar bereits während der Schwangerschaft.
Durch die in der modernen Kinderorthopädie eingesetzten sanften und effektiven Therapiemethoden können wir die meisten dieser Fehlstellungen heute so korrigieren, dass für das spätere Leben keine Einschränkungen bestehen und die Kinder sogar meist uneingeschränkt sportfähig sind.
Die von den Kinderorthopäden weltweit favorisierte Gipsredression nach Ponseti führe ich seit mehr als 10 Jahren erfolgreich durch. Hierbei werden die Füßchen wöchentlich sanft gedehnt und die erzielte Dehnung im Anschluß mit einem Oberschenkelgips gehalten. Nach einer mehrwöchigen Therapie verbleibt zumeist noch die Verkürzung der Achillessehne, die in einer kleinen Operation gelöst werden muss. Nach Beendigung der Gipsredression muss die erzielte Korrektur dann noch durch eine Lagerungsschiene gehalten werden. Eine physiotherapeutische Mitbehandlung ist gelegentlich notwendig, dann am ehesten mit der Methode nach Zukunft-Huber.
Die früher fast immer notwendigen großen Operationen müssen heutzutage nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt werden.
Der Klumpfuß hat damit viel seines Schreckens vergangener Tage verloren, eine zeitnaher Therapiebeginn innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt sowie eine konsequente Behandlung sind aber die Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie und langfristig gesunde Füße.

Vom ersten Lebenstag an speichert das Kind über seine Sinnesorgane unbewußt Eindrücke und Erfahrungen, die es ihm ermöglichen, sich immer besser und erfolgreicher mit der Umwelt auseinanderzusetzen. Zu den wichtigsten Sinneseindrücken gehört die Körper-Eigenwahr-nehmung: Sie ist Voraussetzung für die Entwicklung des Gleichgewichtes und des aufrechten Ganges, aber auch für Körpergeschick und Feinmotorik.

Diese Eigenwahrnehmung geschieht über Rezeptoren eines körpereigenen Meßsystems, das jede Bewegung und jede Haltung von Kopf, Körper und Gliedmaßen genau registriert und als Meßinformation ans Gehirn weiterleitet. Diese Rezeptoren sind überall im Körper in Bindegewebe, Gelenkkapseln und vor allem in der Muskulatur verteilt. Über aufsteigende Nervenbahnen stehen sie mit Rückenmark und Gehirn in Verbindung. Besonders zahlreich vertreten sind diese Rezeptoren in der tiefen, der Wirbelsäule direkt anliegenden Rückenmuskulatur, die vom Nacken bis zum Kreuzbein zieht. Am dichtesten aber sind diese Rezeptoren in den Muskeln der oberen Nackenregion angesiedelt, am Übergang vom Kopf zur Halswirbelsäule. Dort erfüllen sie die Aufgabe eines Gleichgewichtsorganes!

Funktionsstörungen im Bereich der Kopfgelenke oder des Beckenringes führen zu verfälschten Messdaten aus den Rezeptoren aus den Rezeptoren und bewirken daß fehlerhafte Steuerungsanweisungen an die Muskulatur geleitet werden. Mit der Folge, dass der Säugling eine verfälschte Körperwahrnehmung erlernt und seine Lage im Raum nicht sicher einzunehmen lernt. Es kommt zu einer Beeinträchtigung von Körperkontrolle und Gleichgewicht.

Spielt sich eine solche Funktionsstörung in der Nackenregion oder an anderen Stellen der Wirbelsäulenmuskulatur ab, kommt es in den ersten Lebensmonaten zu einem Ungleichgewicht der Muskelspannung (Tonus) und zum Bild des „schiefen Säuglings“, wofür es verschiedene Bezeichnungen gibt: Tonusasymmetrie-Syndrom( TAS), Lageasymmetrie, „KISS“-Syndrom, Schräglagesyndrom , Schieflagesyndrom u.s.w.

Die Folge ist eine Entwicklungsverzögerung, die man bei unbehandelten Kindern häufig in einem verspäteten Krabbel- und Laufbeginn sieht. Später manifestieren sich die Störungen in der Wahrnehmung und des Gleichgewichts nicht nur in einer grobmotorischen Entwicklungsverzögerung, sondern auch in Störungen der Feinmotorik der Aufmerksamkeit und Konzentration. Wer denkt hier nicht an das vielfach genannte ADS-Syndrom. Die Kinder, völlig normal intelligent, entwickeln sich sozusagen „mit angezogener Handbremse“ unterhalb ihrer Möglichkeiten. Deshalb ist eine schnelle und effektive Therapie des Schieflagesyndroms so wichtig, denn die Auswirkungen sind verhängnisvoll, das Baby kann diese Verzögerungen später nur noch mit großem Aufwand nachholen.

Wie erkenne ich eine Tonusasymmetrie bei meinem Kind?

Häufige Symptome:

  • Kopfschiefhaltung mit langsamer Verformung am Hinterkopf oder sehr starke Überstreckungstendenz
  • Lageasymmetrie (sog. „C“-Lage) und Seitenbevorzugung
  • Saug- und Trinkstörungen
  • motorische Unruhe und Schreiattacken
  • Verdauungsprobleme und Schlafstörungen
  • Verzögerung der Kopfkontrolle
  • Asymmetrische Bewegungsmuster von Armen und Beinen

Sollten Sie ein oder mehrere der o.a. Symptome bei Ihrem Kind entdecken, sollte eine Tonusasymmetrie ausgeschlossen werden.

Die Behandlung eines TAS hat die Normalisierung der gestörten Eigenwahrnehmung zum Ziel, um eine entwicklungsgerechte Steuerung der Muskelaktivität und ein harmonisches Bewegungsspiel der Gelenke zu erreichen. Dazu stehen gezielte manualmedizinische Behandlungstechniken zur Verfügung, allen voran die Atlastherapie. Sie wird durch schonende chirotherapeutische Manipulationen anderer funktionsgestörter Wirbelgelenke und sog. weiche Techniken ergänzt.

Die Häufigkeit der Behandlung ist von der Ausprägung und Komplexität des Störungsbildes abhängig. In günstigen Fällen reichen ein bis zwei Behandlungssitzungen. Die Regel ist das nicht, auch wenn dies gelegentlich behauptet wird. Beendet werden kann die Behandlung erst, wenn das Kind in seiner Körperkontrolle und Raumorientierung die altersentsprechende Norm erreicht hat . Um das festzustellen, ist die Durchführung verschiedener manual-medizinischer und entwicklungsneurologischer Untersuchungsabläufe erforderlich. Deshalb sollte die Behandlung des „schiefen Säuglings“ erfahrenen und speziell ausgebildeten Ärzten vorbehalten bleiben.

Unbehandelte segmentale Dysfunktionen (umgangssprachlich „Blockierungen“) an bestimmten Schlüsselregionen der Wirbelsäule (z.B. Kopfgelenke, Beckenring, etc.) gehen im Vorschul-/Schulalter in eine sensomotorische Fehlsteuerung (Dyskybernese) über. Dabei führen die Dysfunktionen zu einer Störung der Bewegungskoordination und Körperkontrolle sowie zu einer Beeinträchtigung der Fähigkeit, die räumliche Beziehung der Dinge zueinander einzuordnen. In der Folge kommt es zu gestörten motorischen, mentalen, emotionalen und sozialen Fähigkeiten (z.B. Lese-Rechtschreib-Schwäche und Sprachentwicklungsstörungen, Reizbarkeit, Antriebsarmut, Hyperaktivität). Die sensomotorischen Einschränkungen lassen die Kinder oft „tollpatschig“ und unkoordiniert wirken.

Durch den motokybernetischen Test nach Coenen kann hier eine sichere und objektive Testung erfolgen, ob dieses Störungsbild vorliegt. Ebenfalls können mit diesem Test Verlaufskontrollen unter laufender Therapie erfolgen.
In solchen Fällen kann mit einer Behandlung der zervikookzipitalen Rezeptoren in Form der Atlastherapie nach ARLEN eine Verbesserung der Haltungs- und Bewegungsqualität und auch zu Fortschritten der feinmotorischen, sprachlichen und kognitiven Entwicklung erzielt werden.

Wichtig ist zu wissen: Es handelt sich hierbei nicht um Erkrankungen des Nervensystems, sondern um reversible Funktionsstörungen des Bewegungssystems mit Auswirkung auf bestimmte Funktionen des Nervensystems, die sich bei Behebung dieser lokalen Bewegungseinschränkungen wieder zurückbilden.

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